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Venedig, 1. Hälfte 30er Jahre. Photo: Robert Wohlleben

DIE TOTE STADT

Der Abend graut. Kein Laut vom Campanile
durchdringt die Silberwatte der Gardine,
die uns das Drama, wenn es je erschiene,
verbirgt. Wir ahnen: Wir sind viel zu viele

Statisten nur fürs Brot, doch ohne Spiele.
Wir für den kurzen Auftritt Ausgeliehne,
Maskierte, wir verziehen keine Miene,
uns locken zu der Heimfahrt keine Ziele.

Doch jener Hagre, Alte, Lippenlose,
auf seiner Gondel gänzlich Hippenlose
zirpt Mandoline und krächzt Abschiedslieder,

verschwimmt im nebeldunklen Canal Grande.
Zurückgeblieben, spüren wir die Schande,
gelebt zu haben einmal und nie wieder.

*
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In: BILANZ. Neue Sonette von Klaus M. Rarisch
(Meiendorfer Druck Nr. 35)

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