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Kreuzspinne leiblich

Aufgespannt und abgenetzt:
Wind als Beute abgefangen,
Haut im Netz der Netzhaut jetzt –
kam kaum her. Schon hingegangen.

Iris flirrt noch unverletzt,
ob auch Grün und Grau zersprangen.
Zangen hättens fein zerfetzt,
als sie bang ins Jenseits drangen.

Azeton und Kampfer stechen
zielgenau am Septum hin –
Faktum oder unbeschreiblich.

Kork zerbröckelt, Klinker brechen,
Kälte spinnt sich Staub aus Zinn,
krallt uns, legt aufs Kreuz uns leiblich.

Spinne weiblich

Windgeschaukelt und bewegt
von der Zuversicht auf Beute,
irgendwann im Netz, das heute
siegessicher ausgelegt,

kauert sie, nur dann erregt,
wenn aus der Insektenmeute,
die sich überall verstreute,
etwas durch die Fäden fegt.

Sie, die stets nur lauern kann,
wenn im Lichtgeviert vollendet,
was die Augen schillernd blendet,

kriecht in Schüben still heran,
tilgend, was sich dreht und wendet
oder zeugend Lust verschwendet.

    (Im Meiendorfer Druck Nr. 23:
    Eisprung III
    von Richard Klaus)

SPINNE AM MITTAG

Pendelnd an dem Silberfaden,
kenntlich an dem Christenzeichen,
läßt sie sich vom Licht bestreichen,
scheint sie im August zu baden.

Königin in andren Reichen,
mühelos und nicht beladen,
bleibt sie frei für tiefre Gnaden.
Darfst du dich mit ihr vergleichen?

Bist du enger nicht vernetzt?
Klebst du fester nicht am Jetzt?
Hängst du nicht an hoher Minne?

Hast du je das Netz zerfetzt,
das dich trägt und fängt zuletzt?
Bist du Opfer? Bist du Spinne?

    (Im Meiendorfer Druck Nr. 35:
    BILANZ
    von Klaus M. Rarisch)

Nach vielen Jahren
(vielleicht nicht ganz?) von ungefähr
wie als nachzügelnder Beytrag zur Tenzone:

Die Kreuzspinne

    nach einem »Hobelspan«
    von Bernd-Ingo Friedrich

Schlafzimmerfenster. Zwischen Judenbart
und Christusdorn seh ich im Netz sich wiegen
ein Spinnchen kreuzgezeichnet und behaart.
Wie, Spinne, willst du hier wohl Fliegen kriegen?

… von der Altweibersommerspinnenfahrt
hierhergeweht, wo wir im Bettchen liegen?
statt in die Küche, wo man brät und gart…?
Da sitzt du nun und wartest auf die Fliegen.

Sie kommen nicht. Du säßest in der Patsche.
Doch warte, deiner aussichtslosen Eiszeit
erbarmt sich das Erbarmen! Damit griff ich

auf Stubenfliegensuche nach der Klatsche.
Nun danke für des Spinnengottes Weisheit
– – – und halte dich auch selber für sehr pfiffig.

(Im Meiendorfer Druck Nr. 59:
O zartes Blau des Nebels überm Stau
von Ernst-Jürgen Dreyer)

Klaus M. Rarisch analysiert Richard Klausens Spinne

Noch eine Tenzone:
Psycho


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