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Bitterböse Satire um vernunftbegabte Affen
Wiederentdeckt und neu übersetzt:
James Fenimore Coopers Roman »The Monikins«
Von Hannes Hansen


Kiel. James Fenimore Cooper gilt bei der Literaturkritik gemeinhin als nicht ganz ernst zu nehmender Verfasser von Abenteuerromanen. Für die Deutschen ist er in erster Linie ein Jugendbuchautor, der mit seinen Lederstrumpfgeschichten die Historie der Eroberung des amerikanischen Kontinents und die Verdrängung seiner ursprünglichen Einwohner ebenso melancholisch bedauert wie elegisch verklärt. Doch Cooper ist mehr als das, nämlich neben Washington Irving einer der Gründungsväter der eigentlichen amerikanischen Literatur, die ihre Inspiration aus den geografischen Gegebenheiten und der Geschichte Nordamerikas bezieht.

Im Jahre 1835, nach einem siebenjährigen Europaaufenthalt des Erfolgsschriftstellers und Sohns reicher Eltern erschien sein wohl unbekanntestes Buch, The Monikins. Noch im gleichen Jahr ins Deutsche übersetzt und zwar »furchtbar schlecht«, wie der Kieler Anglistikprofessor Christian Huck sagt, war es bald darauf gründlich vergessen. Nur Arno Schmidt, der Spezialist für Vergessenes und scheinbar Abseitiges, lobte das Buch, zitierte es sogar in der Eingangsszene seines Hauptwerks Zettels Traum und wollte es neu übersetzen. Dazu ist es nicht gekommen.

Statt seiner nahm sich der Übersetzer, Lyriker und Verleger Robert Wohlleben der Sache an, Christian Huck steuerte ein Nachwort bei, das die Trouvaille in den zeitgenössischen Zusammenhang rückt, und vor einem Jahr erschien Die Monikins in dem kleinen Achilla Verlag, der schon eine ganze Reihe vergessener Werke der englischen und amerikanischen Literatur in sehr ansprechender Aufmachung publiziert hat.

Robert Wohlleben + Denise Hodgson Möckel
Robert Wohlleben & Denise Hodgson-Möckel stellten James Fenimore Coopers »Die Monikins« vor.
Foto Ehrhardt

 

Am Freitag stellten Denise Hodgson-Möckel und Robert Wohlleben Die Monikins in einer englisch-deutschen Lesung im Kieler Literaturhaus vor. Christian Huck führte mit Erläuterungen zu Autor, Werk und geschichtlichem Hintergrund durch die Veranstaltung. Warum das Buch in England und den USA bei seinem Erscheinen auf wütende Ablehnung stieß, wurde bei den ausgewählten Textstellen schnell deutlich, handelt es sich bei dem Werk doch um eine bitterböse Satire. Die Monikins sind sprach- und vernunftbegabte Affen, die der Erzähler in ihre Heimat jenseits des Polarkreises begleitet. Dort existieren auf den beiden Hauptinseln radikal unterschiedliche Staats- und Gesellschaftsformen. »Oberhupf« ist eine Monarchie mit schrägen Ritualen, ein verkrustetes, nach Status und Rang geordnetes Gemeinwesen. Nicht schwierig, in diesem Phantasieprodukt die Konturen Großbritanniens auszumachen. Noch schärfer geht Cooper mit »Niederhupf« ins Gericht. Die strikte Demokratie dieses Zerrbilds der USA verbirgt hinter ihrem mühsam mit irrwitzigen Verfahren aufrecht erhaltenen Ideal der Gleichheit aller nur schlecht, dass sich das Bestreben der Einwohner von Niederhupf allein der Anhäufung von »Dollars, Dollars, Dollars« richtet. Ehre und Anstand gelten nichts, Schläue und gewissenloses Gewinnstreben alles.

Befreiendes Gelächter begleitete die Lesung dieser beklemmenden Satire, eines Werks, bei dem mittelalterliche Moralitäten wie das Spiel vom Jedermann ebenso Pate gestanden haben wie Swifts Gullivers Reisen.

Kieler Nachrichten vom Montag, 4. April 2011
 

James Fenimore Cooper:
Die Monikins. Eine Mär
Übersetzt von Robert Wohlleben
Herausgegeben und per Nachwort kommentiert
von Christian Huck
NUR in unabhängigen, wirklich literaturinteressierten Buchhandlungen oder vom Verlag erhältlich

Achilla Presse

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