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Minerva-LexikonAnnunzio, Gabriele d’, der große italienische Dichter und Kriegsheld mit dem lächerlichsten Gebaren der Welt. Eigentlich heißt er Rapagnetta. d. i. Rübchen, nannte sich aber Nuntius, d. i. Bote einer neuen Kunst, und betonte stolz, daß er auf dem Adriatischen Meere geboren sei, nannte sich den auserwählten Herold einer neuen Zeit und leitete seine Künste immer mit großem Tamtam und Trara ein. Wir waren stets Barbaren in seinen Augen, gerade gut genug, von ihm bestohlen und betrogen zu werden. Er selbst führte ein wüstes Leben, artete in die schlimmsten Perversitäten aus, bestahl und betrog die arme Duse um Glück und Geld, sielte sich mit den feilsten Weibern herum und schmierte seine Lüsternheit und Verderbtheit in Büchern herunter, die von aller Welt verschlungen wurden wie Offenbarungen. Trotzdem war es fast aus mit diesem »göttlichen Gabriele«, da brach zu seinem Glück der Weltkrieg aus und gab ihm als Lateiner eine wahre Bajazzorolle. Er spielte den Flieger, Feldherrn und Seehelden, er eroberte und annektierte, er beschimpfte uns. Und hält es bis auf den heutigen Tag so. Die schöne Villa der armen Witwe Henry Thodes in Gardone hat er einfach beschlagnahmt, die Schätze des Gelehrten verkauft, seine Manuskripte veröffentlicht, die Witwe sogar noch verhöhnt. Und sein Staat billigt dies Verhalten! Karin Michaelis hat ihn vor aller Welt einen Lumpen genannt – was ficht das den großen Gabriele an! Mit 60 Jahren ist dieser Mann, der als Dichter unbestreitbare Verdienste hatte, ein noch größerer Narr geworden als je zuvor; er fährt mit einem Kriegsschiff auf dem Gardasee umher und schießt Salut mit Kanonen. Dann telegraphiert er es seinem Freunde Mussolini. Letztens hat er sich der Schnapsbrennerei ergeben. Wir wollen ihn dabei belassen, den »göttlichen Gabriele«, der zum Kriege hetzte, als ihm Weiber und Literatur nichts mehr zu bieten vermochten.