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NACHRUF

Meine lieben Freunde wissen, wer Rosita war: eine hochintelligente, sensible und tiefunglückliche Frau, mit der ich in den Jahren von 1999 bis 2003 das Leben teilte. Sie war eine große Seele und ertrug ihre durch schwere Unfälle verursachten Leiden mit bewunderungswürdigem Mut. Psychisch labil, mit einem verbrecherischen Ehemann und einer undankbaren Tochter belastet, entwickelte sie seltsame Wahnideen, die sich im Laufe der letzten Jahre dermaßen steigerten, daß ich sie schließlich nervlich nicht mehr verkraften konnte. Ich mußte mich leider im August dieses Jahres von Rosita trennen und bleibe deswegen nun mit schlechtem Gewissen zurück.

Aus der Trennung von mir resultierte ihre letzte Wahnvorstellung: daß ich gestorben sei und sie mich betrauern müsse. So saß sie am 27. September 2003 tränenüberströmt im Sessel vor meinem Bild, trinkend, rauchend, ganz allein und vermutlich in diesem verzweifelten Zustand einschlafend. Kurz danach bemerkte eine Nachbarin Brandgeruch in Rositas Wohnung und alarmierte die Feuerwehr. Man fand sie mit hochgradigen Verbrennungen noch lebend vor und brachte sie in eine Spezialklinik, wo sie in derselben Nacht unter großen Schmerzen starb.

Für Rositas Schicksal gilt das alte Wort: Es trifft immer die Besten. Ich erfuhr erst heute »zufällig« (falls es Zufälle gibt) von ihrem Tod und sage mir: nachdem die Ärzte sie nicht von ihrem Wahn heilen konnten, hätte auch ich sie nicht retten können, was kein Trost sein darf. Es hat mir die Kraft gefehlt, gemeinsam mit ihr Selbstmord zu begehen.

Auch für die deutschen Sonettisten der Gegenwart ist dies ein unersetzlicher Verlust. Als designierte Erbin eines Vermögens von schätzungsweise 20 Millionen Euro war Rosita von meiner Idee begeistert, mit dem Großteil des Betrages eine gemeinnützige Stiftung zur Förderung der Sonettkunst zu gründen. Der geplante GROSSE SONETTPREIS wäre mit ca. einer Million jährlich dotiert worden und hätte der deutschen Lyrik neue Perspektiven eröffnet, die nun zu Asche verbrannt sind.

ROSITA, TEURE SEELE: R. I. P.

Berlin, am 13. Oktober 2003

Klaus M. Rarisch