Am toten Meer

Gedanken dorren hier zu nackten Fragen.
Die grellen Tode dämpft kein Weihrauchduft.
Die Lungen atmen Pest in dieser Luft,
Seit hier ein Gott den eignen Sohn erschlagen.

Die Opferschalen vor den Sarkophagen
Verdunsten Blut, das nach dem Mörder ruft.
Hoch wölbt ein Himmel gotisch diese Gruft.
Mein Scheitel muß die Welt WARUM ertragen.

Das Meer, in das mein Geist sich sucht zu senken,
Zerglutet kühlen Hohnes giftig Blei.
Vollzieht den Spruch, mich gnädiglich zu henken,

Daß ich der Schuldige statt seiner sei!
Den ewig Wahngeschlachteten zu denken –
Zerhirnt Gesang durch alle Sphären: Schrei!

    Klaus M. Rarisch

Aus dem Zyklus
»Letztes – ein Epilog in Sonetten«

Enthalten in
Die Geigerzähler hören auf zu ticken
= Meiendorfer Druck 20