Prolog zum Nihil

Wer auf dem Golgatha der Ideale
mit Schächerblick des Blutqualms Qual durchflammt,
sucht einen, der dem Paradies entstammt,
daß der für ihn des Lebens Schuld bezahle.

Ob Ekel auch Gebete aus ihm preßt,
ob seine Lippen Feuerflüche schäumen –
noch ehe er zu Aas wird, stirbt sein Träumen;
er feiert kein Karfreitagszauberfest.

Sein Hoffen mit dem letzten Schrei erstickt,
wenn er empor zum Kreuz des Heilands blickt:
Am dürren Holze spielt das Sterbespiel

ein Popanz mit verklärten Leidenszügen,
des Schächers Ebenbild und seiner Lügen.
Die Seele speit er aus und wird – Nihil.

    Klaus M. Rarisch

Enthalten in
Die Geigerzähler hören auf zu ticken
= Meiendorfer Druck 20