Urnenschrift

Er ruht: Wahrhaftig, ja! ihm wurde Frieden.
Die Fackel senkt aufs Herz – erlöst vom Schlag,
Es wachsen Zedern in den hohen Tag,
Und keine Hand ist nun im Zorn geschieden.

Er sprach vom Riegel: Grab; von Freiheit: Leben,
An krummen Krücken brach er auf zum Ziel,
Er nannte es sein Totentänzchenspiel
Und mußte flink dazu die Glieder heben.

Den Leib raubt fort Geburt der Elemente;
Der Salamander ringt vom Flammenstoß
Und wird im Moos von Findlingswiegen groß:

Wer dieses Werden selbst in sich erkennte –
O Mensch! am harten Arbeitsholz des Ruders
Gedenk der freien Asche Deines Bruders.

    Dieter Volkmann

Enthalten in
Fünfzehn maurerische Sonette
für einen Holzschneider = Meiendorfer Druck 15