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Auf der Rückseite der impressumlosen Postkarte ist angemerkt:

Seit 24. März 1999: Rot-Grün marschiert ...

Ein »Bund der 76er Vereine«, deutsche Offiziere und Soldaten des Ersten Weltkrieges, forderte um 1929/30, in Hamburg ein Denkmal zur Heldenverehrung errichten zu können. Der SPD-Senat zierte sich lange, sagte dann aber einen Bauplatz zu. Ab 1933 verstärkten die Militärverbände mit Hilfe der Nazis ihre Aktivitäten. Deshalb konnte am l5. März 1936 der »Klotz am Dammtor« mit großem öffentlichen Pomp eingeweiht werden. Dabei gelobten die Initiatioren dem Nazi-Führer Adolf Hitler »unerschütterliche Gefolgschaft«. – Am 10.April 1999 begann an diesem Heldenklotz eine Demonstration gegen den von der rot-grünen Regierungskoalition mitbetriebenen NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Aus diesem Anlaß hatten Unbekannte das Relief am Denkmal zeitgemäß eingefärbt.

Gegendenkmal von Alfred Hrdlicka

Hermann Hipp schreibt zum Denkmal-Thema:

Das Ehrenmal an der Kleinen Alster, das der Staat 1932 den Opfern des Ersten Weltkrieges gesetzt hatte, erhielt am Dammtordamm sein militaristisches Gegenstück – nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten: Sie ermöglichten es dem Traditionsverein des in Hamburg stationierten 76. Infanterieregiments, ein eigenes Gefallenendenkmal zu realisieren. Nach einem Wettbewerb 1934 wurde bis 1936 der Entwurf von Richard Kuöhl ausgeführt. Ein mächtiger, muschelkalkverkleideter Quader wird durch das flache Relief der Hamburger Wappen-Türme als Stadtsymbol deklariert, umzogen von einer Kolonne im Gleichschritt marschierender Soldaten. Ernst und Trauer, die man in der Menschendarstellung spüren mag, werden durch die Worte von Alfred Lersch »Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen« und durch die Bezeichnung der Schlachten auf der benachbarten Inschrifttafel als »Großtaten der Vergangenheit« und »Brückenpfeiler der Zukunft« entlarvt: Hier wurde propagandistisch der Krieg vorbereitet, dessen Opfer zum Anlaß neuer Inschriften wurden.

1985 wurde der erste Teil eines interpretierenden Gegendenkmals von Alfred Hrdlicka aufgestellt: Dem Kriegsdenkmal ist das Denkmal der Opfer von Krieg und Faschismus konfrontiert, künstlerisch sensibel und zugleich grauenerregend in der Vergegenwärtigung von Gewalt, Feuer, Tod (die Bronzewand ›Feuersturm‹ bezieht sich auf die Luftangriffe vom Juli 1943, die Marmorplastik ›Cap Arcona‹ erinnert an die KZ-Häftlinge, die mit diesem Schiff kurz vor Kriegsende untergegangen sind). – Die Provokation bleibt dennoch bestehen: Die Aussage des Kriegsklotzes ist trivialer und bleibt wirksam.

Hermann Hipp: Freie und Hansestadt Hamburg. Geschichte, Kultur und Stadtbaukunst an Elbe und Alster. (DuMont Kunst-Reiseführer.) 2. Aufl. Köln: DuMont 1990, S. 209 f.