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PSALM

Das Leben, das da siebzig Jahre währt,
war köstlich, wenn es Müh und Arbeit war.
Am Ende scheint es uns gar sonderbar,
daß es wie Vogelflug von hinnen fährt.

Den Meister, der das Sterbenmüssen lehrt,
vermißt man, unbelehrbar, Jahr um Jahr,
bis es zu spät ist. Da erkennt man klar:
Wir sind nicht wert, daß er sich an uns kehrt.

Doch wenn die Toten nicht erwachen wollten,
wenn die Gestorbenen nach rückwärts strebten,
weil Abschiednehmen ein perverser Brauch?

Ob Lebende darüber lachen sollten,
weil sie vermeinen, daß sie ewig lebten?
Nach siebzig Jahren stirbt die Seele auch.

Klaus M. Rarisch

Das Sonett steht in »Bilanz«, Meiendorfer Druck Nr. 35
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